Freitag, 2. Mai 2008

Mal was ernsteres...

Micha ist mittlerweile gut in Deutschland wieder angekommen, so schnell können 4 Wochen vergehen. Jetzt muß ich mich wieder von Kellog's Smack und Nudeln ernähern. Obwohl, heute hab ich Kartoffeln gekocht, perfekt! (Danke Google!)

So, kommen wir zum eigentlichen Thema der Überschrift, was mich die letzten Tage beschäftigt. Es geht darum, würde ich jemanden empfehlen, nach Manaus ins Infojahr zu gehen, was gibt es für Vorteile und Nachteile, gute und schlechte Dinge.
Für mich paßt es, ich habe hier bereits sehr viele gute Freunde gefunden, wurde mit offenen Armen empfangen. Es ist ein hier ein einfaches, absolut nicht luxuriöses Leben, genau wie es mir gefällt. Die Brasilianer brauchen nicht viel, um glücklich zu sein. Es reicht schönes Wetter, Freitagabend, etwas Musik, paar Plastikstühle, kühles Bier und Freunde zum gemütlichen Beisammensein. Oder spontan zu einer Grillparty treffen, vielleicht morgens davor noch zwei Stunden zusammen kicken.
Es sind in erster Linie die Menschen hier, dass ich sagen kann ich, ich fühle mich hier wohl. Und das warme Wetter wirkt sich sowieso positiv auf jedes Gemüt aus :-).

Es gibt allerdings auch die andere Seite, die wohl eher aussagt, warum ich mir nicht vorstellen könnte, für immer in Brasilien bzw. in Manaus zu leben. Wenn Brasilianer z.B. von Rio de Janeiro sprechen, fällt meistens folgender Satz: "Rio de Janeiro e uma cidade muito bonita, mas muito peligrosa tambem" (Rio de Janeiro ist eine wunderschöne Stadt, aber auch sehr gefährlich").
Es ist einfach so, dass die Gegensätze extrem sind, Rio ist das Extrembeispiel. Auf der einen Seite mit den wunderschönen Stränden, der Christus Statue, dem Zuckerhut und auf der anderen Seite die arme Bevölkerung, in der für die meisten Menschen die einzige Chance auf ein besseres Leben der Fußball ist, Gewalt den Alltag beherrscht... das ist einer der Gründe, warum ich nicht unbedingt nach Rio reisen möchte, weil mich ehrlich gesagt, diese Scheinheiligkeit stört.
Wie sieht es hier in Manaus damit aus?
Die Gegensätze sind auch hier extrem. Ein Großteil der Bevölkerung hat kein Auto, ganz normal, eigentlich kann man nur "gut" verdienen, wenn man studiert hat. Ansonsten hat man vielleicht einen Job, bei dem man bei einer 45 Stunden Woche 160 R$ (ungefähr 60 Euro) im Monat verdient. Mir wurde kürzlich erklärt, was dies für die Frauen hier bedeutet. Am besten ein Kind von einem Gutverdienenden, in diesem Fall bekommt ca. 30 % dessen Gehalts. Darum sind auch teilweise Ausländer oder Männer, die arbeitstechnisch aus anderen Städten z.B. Sao Paulo hinzu ziehen, sehr beliebt.
Daß man abends nicht in die Innenstadt gehen sollte, Auto nur mit verschlossenen Türen fährt, nachts nicht an roten Ampeln hält, versteht sich von selbst. Allerdings hatte ich mich die ganze Zeit im Kreis meiner Freunde sehr wohl gefühlt und bis jetzt war ich auch mit keiner gefährlichen Situation konfrontiert.
Dann geschah allerdings was, was mich daran erinnert hat, das Manaus nicht gleich Amberg ist.
Zimantas, der Kollege, mit dem ich jeden Tag zur Arbeit, erzählte mir, daß der Sohn seines Nachbars aus seiner Conduminio überfallen worden ist. Abends um 8 Uhr, 100 Meter vor dem Eingang zur Conduminio, unterwegs mit einem Freund. Einen Tag später erlag er den Schussverletzungen, sein Freund überlebte schwer verletzt. Warum? Wegen ca. 200 R$ (ca. 85 Euro), die er bei sich hatte.
Daß dies nur ca. 3 Minuten Fußweg von meiner Wohnung entfernt ist und ich jetzt wieder vorsichtiger bin und auch Kurzstrecken nur mit dem Taxi fahre, ist Nebensache. Es ist einfach nur traurig, dass jemand mit 22 Jahren sterben muss, aus Gründen, die wahrscheinlich eher auf die Lebensbedingungen (keine Bildung, keine Arbeit, keine Einkünfte) als auf persönliche Umstände zurückzuführen sind.
In Berlin beim Vorbereitungsseminar wurden wir gefragt, was uns Deutsche am meisten ausmacht:
1. Antwort: unser Sicherheitsdenken (Versicherungen, Rücklagen, Sparen, "Scheffle, Scheffle, Häusle baue")


Somit kommen wir noch einmal zum Anfang des Posts, beantworten wir kurz ein paar Fragen:

Würde ich empfehlen, ins Infojahr nach Manaus zu gehen?
Hmmmhmmm....

Ist Manaus sicher?
hmmmhmmm...

Gefällt es Dir in Manaus?
Ja!

Könntest Du Dir vorstellen, länger als ein Jahr in Manaus zu arbeiten?
Nein!

Was wirst Du vermissen, wenn Du nach Deutschland zurückkehrst?
Meine Freunde, die brasilianische Herzlichkeit, ca. 28 Grad Temperaturunterschied :-)

Was vermisst Du in Deutschland?
Micha, meine Familie, meine Freunde, deutsche Arbeitsbedingungen, die Freiheit, sich frei bewegen zu können (Leberkäs natürlich auch:-)

Zum Abschluß möchte ich mal kurz auf etwas hinweisen.
Abhängig vom jeweiligen Land bekommt man von Siemens einen Mietwagen bereitgestellt, z.B. Amerika, allerdings ist dies für Brasilien nicht vorgesehen, warum?
Mmhm, verstehe... Manaus hat ca. 1,6 Millionen Einwohner (Sao Paulo ca. 18 Millionen), in Brasilien braucht man kein Auto, man kann überall zu Fuß hingehen...

Gute Nacht!

Björn

1 Kommentar:

Peter hat gesagt…

Moin Bjoern! Das ist mal nen krasse Geschichte... Fragt man sich doch, in was fuer einer Welt leben wir? Und aus was fuer einer Wohlstands-Blase blicken wir in die Welt...

Sehr guter Post! Finde es sehr gut, wenn solche Themen auch beleuchtet werden und es nicht nur die Reiseberichte sind...

Pass auf dich auf und freu mich schon auf die naechsten Posts...

Peter ausm Bangladeshi-Land